Was ist „Gerechte Bodenpolitik“?

Gerechte Bodenpolitik wirkt Flächenkonkurrenz und Landnutzungskonflikten entgegen

Landwirtschaftliche Böden in Deutschland sind sehr ungleich verteilt, Investoren und Großbetriebe nutzen Boden als Spekulationsobjekt. Das lässt die Bodenpreise steigen und führt zur Konzentration von viel Fläche in den Händen weniger, profitorientierter Akteure. Kleine Betriebe und Bäuer*innen können sich Agrarflächen dadurch kaum noch leisten.

Das Konzeptwerk Neue Ökonomie hat ein sehr gutes -> Dossier zum Thema herausgegeben, das wir hier gerne vorstellen:

Boden ist wie auch Wasser und Saatgut die Grundlage unserer Ernährungssicherheit. Durch die Folgen der Klimakrisewie Dürreperioden, Überschwemmungen und Bodenerosion geht weltweit immer mehr gesunder, landwirtschaftlich nutzbarer Boden verloren. Die industrielle Landwirtschaft, bei der große Flächen mit Monokulturen bestellt werden und schwere Maschinen die Böden verdichten, bedroht Artenvielfalt, Böden und lebendige Landschaften.

Wirtschaften wir weiter wie bisher, sind die fruchtbaren Böden in wenigen Jahrzehnten aufgebraucht.

Hinzu kommt, dass Land für Landwirt*innen, die anders wirtschaften wollen, immer schwerer zugänglich ist, da sich der landwirtschaftliche Bodenmarkt in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert hat: Neben Flächenverlusten aufgrund von Siedlungs- und Verkehrsausbau nimmt die Bodenkonzentration durch den Erwerb von Agrarflächen durch Großbetriebe und außerlandwirtschaftliche Investoren (z.B. RWE oder die Münchner Rückversicherung) weiter zu. In Deutschland bekommt heute Zugriff auf Land, wer Geld mitbringt. Viele dieser Landkäufe bleiben für die Öffentlichkeit verborgen, denn bis heute gibt es in Deutschland keine amtlichen Register über Eigentumsverhältnisse auf dem Bodenmarkt.

 

Gerechte Bodenpolitik setzt die volle Transparenz über Bodeneigentum in Deutschland voraus. Hierfür muss die Eigentumskonzentration flächendeckend erfasst und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Rechte kapitalstarker Akteure auf dem Bodenmarkt müssen begrenzt und die Nutzungsrechte von Bäuer*innen, Junglandwirt*innen und gemeinwohlorientierten Betrieben gestärkt werden – durch ambitionierte Agrarstrukturgesetze der Bundesländer, die die sogenannten Share Deals verhindern, sowie eine progressiv ausgestaltete Grunderwerbssteuer und eine Anpassung des Erbrechts. Die Gemeinwohlverpachtung muss sowohl für öffentliche als auch private Flächen durchgesetzt werden, damit Boden ausschließlich nach sozialen und ökologischen Kriterien bewirtschaftet wird.

Wie kann gerechte Bodenpolitik als Beitrag zu Klimagerechtigkeit aussehen und welche  Instrumente und Maßnahmen sind erforderlich? Mehr Informationen, Zahlen und Fakten findet Ihr hier -> im Dossier (PDF)

 

Zero Waste City München

Quelle: www.awm-muenchen.de/fileadmin/Bilder/Zerowaste_Top40Massnahmen.PNG

Am 10. Mai fand der erste Unverpackt Wochenmarkt Münchens im Arnulfpark statt. Hier werden Waren entweder unverpackt oder in Mehrwegbehältern mit Pfand angeboten.

Dieser ist eine der Maßnahmen aus dem Zero-Waste-Konzept der Stadt München und wird ab sofort jeden Mittwoch von 11 bis 17 Uhr auf dem Rainer-Werner-Fassbinder-Platz stattfinden. Bereits beim Einkauf den Müll zu reduzieren, sodass er gar nicht erst in der Tonne landet, ist sinnvoll, denn München hat sich mit seinem Zero-Waste-Konzept viel vorgenommen.

Die Maxime lautet: Vermeiden, wo immer es geht. Und was doch in die Tonne muss – bitte in die richtige stecken.

Die Bezeichnung „Zero Waste“ wurde in der Debatte vielfach kritisiert. Denn wörtlich übersetzt bedeutet das „Null Müll„, und darum wird es natürlich nicht gehen. Sondern darum, die Ressourcenverschwendung zu reduzieren und alles zu recyceln, was recycelbar ist. Die europäische Initiative, der die Stadt München sich da angeschlossen hat, heißt aber so, weswegen in der Kommunikation gerne auch der Zusatz „München gegen Ressourcenverschwendung“ verwendet wird.

Aus Beratungen mit der Wissenschaft, konkret dem Wuppertal Institut, einer gemeinnützigen Forschungseinrichtung für Klima, Umwelt und Energie, dem Münchner Verein rehab republic für mehr Nachhaltigkeit sowie Münchner*innen, die sich 2021 an entsprechenden Workshops beteiligt haben, ist ein Katalog mit 400 Maßnahmen erwachsen, die der Abfallwirtschaftsbetrieb München auf 100 eingrenzte. 1,8 Millionen Euro soll die Umsetzung mit Start 2023 kosten.

Der Handlungsplan zur Abfallvermeidung in München bis 2035 ist an drei übergeordneten Zielen ausgerichtet:

  • Haushaltsabfälle um 15 % pro Kopf reduzieren – von 366 kg auf 310 kg

Bis 2035 sollen die Haushaltsabfälle in München um 15 Prozent pro Jahr sinken. Macht statt 366 Kilo (2019) dann 310 Kilo für jede/n Einzelne/n. Insgesamt wären das 85.000 Tonnen Müll weniger. Diese Menge könnte knapp 7.000 Güterwaggons füllen, die von München bis Innsbruck, also auf eine Länge von 100 Kilometern, passen würden.

  • Restmüllmenge um 35 %, also knapp 70 kg pro Kopf reduzieren

720.000 Tonnen „Siedlungsabfälle“ produzierten die Münchner 2019, seit Corona nahmen die Mengen noch erheblich zu. 43 Prozent davon landeten in der schwarzen Restmüll-Tonne. Darunter sehr viel, was nicht hineingehört: Kleider, Kartons und auch extrem viel Biomüll. Dieser Restmüllanteil ist der problematischste, weil er in die thermische Verwertung, sprich Verbrennung geht und damit auch den Kreislauf der Wiederverwertung durchbricht.

  • Münchner*innen für Zero Waste sensibilisieren

Hierzu gehören Maßnahmen wie z.B. eine bessere Aufklärung in möglichst vielen Sprachen über eine „Zero-Waste-App“, Zero-Waste-Schulen, Plattformen für Textilien-Kreisel und „Wastefluencer“ in den sozialen Medien.

> Hier findet Ihr alle Infos zum Konzept 


Aber was ist dran an dem Konzept und seinen Maßnahmen? Welche Punkte stehen in der Kritik, welche werden bereits (erfolgreich) umgesetzt und wo gibt es noch Luft nach oben?

Die MIN Münchner Initiative Nachhaltigkeit, Die Umwelt-Akademie e.V. und der Kartoffelkombinat – der Verein e.V. laden ein zur:

Kartoffelakademie am 25.5.23 um 19 Uhr – online und in der anstiftung

Das Zero Waste Konzept der Stadt München – anspruchsvoll oder wenig ambitioniert?

Die Referent*innen:
Helmut Schmidt, Die Umwelt-Akademie e.V.: Einführung ins Thema.
Helga Seitz, Projektleitung Zero Waste AWM: Vorstellung des Konzepts.
Josef Metzger, Das Bessere Müllkonzept Bayern e.V.: Kritische Würdigung des Konzepts.

> Hier könnt Ihr Euch für unsere Kartoffelakademie anmelden

Wir freuen uns auf einen interessanten und informativen Abend!

 

Studie zur Regionalen Lebensmittelversorgung

Inwieweit können sich Städte nachhaltig aus der Region ernähren? Eine aktuelle Studie beantwortet diese Frage für München.

Frische Lebensmittel, kurze Transportwege, nachvollziehbare Herkunft aus der Region, wo Arbeitsplätze gesichert, Landwirtschaft von lokalen Bauern und Bäuerinnen betrieben wird und damit möglicherweise sogar vielfältigere Agrarlandschaften mit Erholungs- und Biodiversitätswert geschaffen werden.

Eine Vision, die für viele Großstadtregionen in Deutschland und Europa auch aus Nachhaltigkeitsgründen attraktiv ist: Kurze Transportwege sind klimafreundlicher. Ländliche Entwicklung und Beziehungen zwischen Stadt und Land können gestärkt werden, weil kurze Wertschöpfungsketten positive wirtschaftliche und soziale Auswirkungen vor Ort haben. Lokal ausgerichtete Anbauplanung kann sogar besonders umwelt- und biodiversitätsfreundlich erfolgen, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft.

Zunächst aber stellen sich wichtige Fragen:

Inwieweit ist diese Vision einer re-regionalisierten Landwirtschaft umsetzbar? Wäre es rein theoretisch betrachtet möglich, eine Großstadt, die selbst ja kaum Flächen für die Landwirtschaft bereithält, aus der Region zu ernähren? Wie groß wäre eine solche Region, wenn man berücksichtigt, dass Bodengüte, Betriebsstrukturen und betriebliche Spezialisierungen vergleichsweise typische und nicht ad hoc veränderbare Rahmenbedingungen darstellen für den Umbau einer Landwirtschaft, die neu entstehende regionale Märkte bedienen will?

Und welchen Einfluss haben wir Verbraucher*innen mit unserem Ernährungsverhalten? Was würde es z.B. für die mögliche Selbstversorgung einer Region bedeuten, wenn weniger Fleisch konsumiert würde, dessen Erzeugung bekanntermaßen deutlich mehr Fläche erfordert, als die Erzeugung der gleichen Menge an Proteinen auf pflanzlicher Basis?

Diesen Fragen geht die Studie „München isst regional – wie eine Metropolregion unabhängig vom Weltmarkt wird“ nach, die vergangenen Mittwoch von Karl Bär (Bundestagsabgeordneter B90/Grüne) im Münchner Zukunftssalon vorgestellt wurde.

Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) berechnet in dieser Potenzial-Studie, ob sich München und das weitere Umland theoretisch rein regional ernähren könnten, wenn man die Bevölkerung und das landwirtschaftliche Potenzial der Bezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben einbezieht.

Die hierbei angewendete, sogenannte „Foodshed-Modellierung“ berechnet das theoretische Einzugsgebiet von Lebensmitteln, also den Flächenumfang, der nötig ist, um die Bewohner*innen unter Berücksichtigung ihres Konsumverhaltens mit Lebensmitteln verschiedener Produktgruppen aus dem direkten Umfeld zu ernähren. Wobei lokale (z.B. Anbaubedingungen, Erträge und landwirtschaftliche), aber auch naturräumliche Strukturen berücksichtigt werden. Szenarien erlauben die Berücksichtigung alternativer Produktionsmethoden, veränderter Ernährungsweisen, der Beibehaltung bestehender Spezialisierung auf Sonderkulturen (Hopfen) oder der Wiedervernässung von Moorgebieten.

Und siehe da: Der Süden Bayerns könnte sich (rechnerisch) selbst mit Lebensmitteln versorgen, sogar in Bio-Qualität. Trotz der hohen Bevölkerungsdichte, trotz der Berge und auch dann, wenn wir alle Moore wieder unter Wasser setzen.

Eine Halbierung des Konsums tierischer Lebensmittel, in Anlehnung an die Planetary Health Diet, würde eine regionale und ökologische Ernährung nochmal einfacher machenn. Denn weniger Eier, Milchprodukte und Fleisch zu essen, begünstigt einen geringeren Flächenbedarf.

Die Studie soll mehr sein als nur theoretische Berechnungen. Der Nachweis, wie viel möglich wäre, ist eine Einladung an alle, etwas zu verändern. Das lohnt sich, denn es sichert unsere Ernährung und stärkt die (Land-)Wirtschaft in der Region.

> Die gesamte Studie gibt es hier als PDF.

Autos zu Pflugscharen

Autos zu Pflugscharen

In Deutschland wird der Trend zum Urban Gardening oft als alternativer Zeitvertreib für luxusverwöhnte Großstädter, die ihren Kindern endlich zeigen wollen, dass Bohnen gewöhnlich ohne Plastikhülle und Strichcode geerntet werden, herabgespielt. Stadtgärtner in Detroit im US-Bundesstaat Michigan kämpfen allerdings mit ganz anderen Problemen: für Einwohner der ehemaligen Hauptstadt der amerikanischen Automobilindustrie sind gefüllte Supermarktregale voll mit frischem Obst und Gemüse nicht mehr selbstverständlich. Seit mit der Automobilindustrie auch die Arbeitsplätze verschwunden sind, verwahrlosen verlassene Industrieanlagen, öffentliche Gebäude und ehemalige Wohnviertel. Mit dem Abzug zahlungskräftiger Kunden haben auch die meisten Supermarktketten den wenig profitablen Standort Detroit aufgegeben und hinterlassen eine beträchtliche Versorgungslücke, vor allem beim Angebot von frischem Obst und Gemüse. Was bleibt Menschen in der „Food Desert“ anderes übrig als zu ungesunden Fertigprodukten zu greifen? Die Rechnung dafür zahlt jeder selbst: einseitige Ernährung, Fettleibigkeit, Diabetes.

Doch anstatt den Kopf in den Boden zu stecken sind die Bewohner der Stadtviertel dazu übergegangen eben diesen zu bestellen. Insgesamt werden auf der Stadtfläche Detroits mittlerweile 170 Tonnen Lebensmittel produziert. Im besten Fall könnten dadurch 75 Prozent des Gemüsebedarfs und 40 Prozent des Obstbedarfs gedeckt werden. Non-Profit Organisationen, Kirchen und Privatpersonen haben leer stehende Grundstücke zu Stadtgärtnereien umgewandelt. Mit der Rückkehr zur Eigenproduktion entstehen neue, kleinteilige Wirtschaftssysteme, die meistens auf Basis ehrenamtlichen Engagements organisiert werden. Die neuen Kleinstunternehmen verbessern nicht nur die Versorgungssituation in Ihrer Umgebung, vielmehr bringen sie die Bewohner der Stadtviertel zusammen und fördern den sozialen Zusammenhalt. Gemeinsam werden soziale Probleme, von denen es in Detroit eine Menge gibt, in Angriff genommen. Den wenigsten der engagierten Bürger geht es darum Profit zu machen. Sorgen wegen der gegenwärtigen Situation und die Begeisterung sich für eine Lösung einzusetzen sind die stärksten Motivatoren. Genau diese Motivation kennt man Ron Finley an, der aus erster Hand von ähnlichen Problemen, vor allem aber Lösungsansätzen in Los Angeles erzählt: http://embed.ted.com/talks/lang/de/ron_finley_a_guerilla_gardener_in_south_central_la.html . In Detroit sind 185 Organisationen im Bereich der Lebensmittel-Eigenversorgung tätig und es werden ständig mehr. Die meisten von ihnen arbeiten als Sozialunternehmen und übernehmen neben dem Anbau von Obst und Gemüse auch noch weitere Aufgaben, indem sie neue Stadtgärtner ausbilden, Kindern den Umgang mit gesunder Nahrung vermitteln und Obdachlose mit Mahlzeiten versorgen. Die Zeitschrift „Enorm“ widmet dem Thema in der Ausgabe April/Mai mehrere Seiten und auch die Zeit Online verfolgt die Detroiter Entwicklung mit großem Interesse (http://www.zeit.de/lebensart/2011-04/detroit). Allerdings müssen die Probleme nicht erst Detroiter Dimension annehmen um etwas ändern zu können. Auch in Deutschland haben bereits viele Initiativen der Lebensmittelentfremdung den Kampf angesagt. Auf http://www.anstiftung-ertomis.de/opencms/opencms/urbane_landw/links_blogs_foren.html kann jeder selbst nach Initiativen in der eigenen Umgebung suchen. Offensichtlich geht die Detroiter Saat bereits auch an anderen Orten auf.

 

Regionalität, Energieeinsparung und Selbstversorgung

Diese drei Schlagworte werden in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Warum das so ist, wird in diesem 30-minütigem Animationsfilm erklärt:

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