Hässlich, aber schmackhaft! Das ist der Leitspruch der niederländischen Initiative „ugly food“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Image vermeintlich missgeformten Gemüses und Obstes zu verbessern (ähnlich dem tollen Projekt „culinary missfits„). Oft werden Früchte, die sich in Form, Farbe oder Größe von der Norm unterscheiden schon aussortiert, bevor sie überhaupt in den Handel kommen. Geht es nun nach der EU, könnte die Arbeit der Initiative bald deutlich erschwert werden.
Grund ist eine angekündigte Neuregelung des EU-Saatgutrechts (siehe Bericht von der SZ). Entsprechend den Plänen der verantwortlichen Kommission soll bald nur noch von der EU zugelassenes Saatgut in den Umlauf gelangen. Man könnte denken: Endlich wird chemisch behandeltem, pestizidgetränktem oder genmanipuliertem Saatgut die Lizenz zum Wachstum entzogen, aber so einfach ist es nicht. Das Zulassungsverfahren für Saatgut ist langwierig und teuer und leisten können sich das vor allem große Konzerne wie BASF, Monsanto oder Syngenta. Die Folgen sind absehbar: Traditionelle, regional unterschiedliche Sorten verschwinden sukzessive aus Gärten und von Feldern. Vor allem Biobauern die vielfach auf selbst gezüchtetes Saatgut zurückgreifen oder traditionelle Sorten anpflanzen sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.
Offensichtlich hat die EU eine andere Vorstellung von Strategien zum Schutz der europäischen Biodiversität. Und vielleicht ist es ja auch nur Zufall, dass die Herangehensweise der EU-Kommission den Wünschen er größten Saatgutkonzerne entgegenkommt. Wer sich weiter informieren will, dem sei ein Beitrag aus der BR-Sendung „Quer“ ans Herz gelegt.
Nicht erst seit der aktuellen Ankündigung der EU mehrt sich auch der Wiederstand gegen das Einheitssaatgut. In Österreich entstand 1990 der Verein Arche Noah, der sich für den Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt einsetzt. Neben der Archivierung bedrohter Sorten, vertreibt der Verein auch Saatgut und Pflanzen und sorgt so für deren Rekultivierung. Seit neuestem wird übrigens auch nach Deutschland versendet: http://www.arche-noah.at/etomite/
Initiativen die sich der bedrohten Vielfalt verschrieben haben findet man aber auch ganz in der Nähe: der Obergrashof in der Nähe von Dachau oder die Gemeinschaftsgärten von „o‘pflanzt is“ mitten in München haben eigene Strategien gegen den Einheitssalat gefunden.
Wer allerdings die unmittelbare Gefahr durch die EU Pläne erkannt halt, sollte sich zudem noch kurz Zeit nehmen und diese Petition unterstützen: http://www.saveourseeds.org/aktionen/werde-aktiv/petition-saatgutverordnung.html
wie sieht es eigentlich beim Kartoffelkombinat mit dem Saatgut aus? Kauft Ihr viel Saatgut zu oder zieht Ihr die Samen selbst bzw. kultiviert Ihr überwiegend alte Sorten, um die Artenvielfalt zu erhalten?
Hallo Christian, die Antwort hat jetzt etwas länge gedauert, aber unsere Gärtner sind etwas am Limit und konnten daher erst jetzt reagieren. Zu 95% wird Biosaatgut verwendet, teilweise die veredelte Variante (unten wilde Pflanze zur Standsicherheit, oben die ertragreiche). Wir verwenden von Hybriden bis Samenfesten Sorten, von Bio bis konventionellem Saatgut alles – je nach Situation. Je weiter das Kartoffelkombinat voranschreitet und je mehr wir selbst der Herr des Anbaus sind, können wir verstärkt alte Sorten anbauen und mit ausgefallenem Gemüse experimentieren.