Kritischer Agrarbericht 2023

Mit der internationalen grünen Woche startete letzten Donnerstag in Berlin die weltgrößte Messe der Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Sie wurde begleitet, von der großen „Wir haben es satt“ Demo bei der ca. 10.000 Menschen am Samstag für die sozial gerechte Agrarwende auf die Straße gingen. Nicht so öffentlichkeitswirksam, aber quasi schon eine Institution, ist die Vorstellung des Kritischen Agrarberichts, bei der Frieder Thomas der Geschäftsführer des Agrar Bündnisses sagte:

„Klima, Corona, Krieg, Welthunger, Artensterben: Die Landwirtschaft und das gesamte Ernährungssystem müssen nicht nur nachhaltiger werden, sondern auch resilienter, krisenfester. Agrarindustrielle Methoden mit ihren ökologischen Kollateralschäden, der hohen Abhängigkeit von fossilen Energien und globalen Lieferketten sind dabei eher ein Problem als Teil der Lösung. Gebraucht werden neue Strukturen – dezentral, regional, vielfältig –, aber auch das Wissen um nachhaltige Produktionsmethoden. Beides muss politisch unterstützt werden. Die notwendigen Veränderungen können jedoch nur gelingen, wenn das Ganze durch eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten mitgetragen wird und zugleich Einkommensperspektiven für die bäuerliche Landwirtschaft geschaffen werden.“

Der kritische Agrarbericht dokumentiert jährlich die Vielfalt der politischen Debatte zu Landwirtschaft und Ernährung. Er formuliert fundierte Kritik am derzeitigen Agrarsystem, benennt aber auch Konzepte, Ideen und gelungene Praxisbeispiele, wie es anders gehen könnte.

Einen besonderen Schwerpunkt legt der Bericht diesmal auf das Thema Landwirtschaft & Ernährung für eine Welt im Umbruch, dem 29 der insgesamt 46 Beiträge gewidmet sind. Der Titel deutet bereits an, dass die Probleme der Zukunft nur durch ein stärkeres Ineinandergreifen von Agrar- und Ernährungswende zu meistern sind.

Damit wären auch die beiden Pole genannt, um die die Texte des diesjährigen Schwerpunkts kreisen: Auf der einen Seite die Frage, wie wir die Agrar-und Ernährungssysteme krisenfester gestalten können; auf der anderen Seite, wie sie transformativ den notwendigen gesellschaftlichen Wandel mitgestalten können. Resilienz durch Transformation könnte die abstrakte Losung sein.

Herausgeber und Autor*innen des Kritischen Agrarberichts haben sich auch in diesem Jahr vorgenommen, diesen gesamtgesellschaftlichen Umgestaltungsprozess mit ihren Beiträgen konstruktiv-kritisch zu begleiten: Hintergründe und oftmals verdeckte Zusammenhänge zu analysieren, gedankliche Impulse zu geben, Geschichten des Gelingens zu erzählen und Mut zu machen. Aber auch Forderungen an die Politik zu richten. So finden sich auch in diesem Kritischen Agrarbericht Kernforderungen an die Bundesregierung – fünf aus jedem der zehn Politikfelder, 50 insgesamt.

Nachzulesen auf:
kartoffelkombinat.de/kab-kernforderungen

Der Bericht selbst ist mit ca. 400 Seiten und 46 Beiträgen erneut relativ umfangreich. Besonders interessant erscheint uns jedoch die folgende kleine Auswahl:

Alle Beiträge findet Ihr unter:
kartoffelkombinat.de/kritischeragrarbericht

 

Fragen, die fehlten

Das TV-Duell zwischen Merkel und Schulz war im wahrsten Sinne des Wortes gestrig. Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende, Postwachstum, Entwicklungszusammenarbeit, Dekarbonisierung, Bildung, Fluchtursachen … wie gut, dass alle Zukunftsthemen besprochen wurden. (Achtung, Ironie!)

Auf Twitter fasste es @das_janchen passend zusammen: „Okay. Ich lebe in einem Land, in dem terrorverängstigte Menschen ihren armen, alten Diesel vor Migranten schützen wollen.“

Im Vorfeld gab es sogar extra noch einen offenen Brief für die Zukunft der Landwirtschaft an die vier Moderatoren, der von zahlreichen AkteurInnen der Szene unterzeichnet wurde. Die Fragen der Moderatoren bedienten den Populismus und bereits während der Sendung gab es unter dem Hashtag #fragendiefehlen ein durchaus facettenreiches  Sammelsurium an eben … Fragen, die fehlten. 

Hier ein paar Beispiele, die dem Duell dramaturgisch und inhaltlich sicherlich gut getan hätten und dem Erkenntnisgewinn zuträglich gewesen wären:

 

  • „Wie kann Chancengleichheit für alle Menschen gewährleistet werden?“ (@torrent_ten)
  • „Herr Schulz, wie wollen Sie eine weitere Fluchtursache, die Klimakrise, bekämpfen?“ (@Reis_Theresa)
  • „Frau Merkel, Sie haben höhere Abgasgrenzwerte für die Autoindustrie persönlich verhindert. Warum?“ (@gri_mm)
  • „Wie sieht eine nachhaltige Verkehrspolitik aus?“ (@La_Mut)
  • „Frau Merkel, werden Sie in der nächsten Legislaturperiode endlich das Ende der Kohle einleiten?“ (@Reis_Theresa)
  • „Müssen wir Landwirtschaft & Industrie nicht dringend umweltfreundlich gestalten, um das Artensterben zu stoppen?“ (@mw238)
  • „Wann wird die Massentierhaltung beendet?“ (@sven_kindler)
  • „Wann werden die jährl. Einnahmen der Mineralölst. i.H.v. 45 Mrd. € endlich vollständig in erneuerbare Energien investiert?“ (@timpeter)

22.02. – Politischer Suppentopf in München

Das Netzwerk INKOTA veranstaltet zusammen mit uns und zahlreichen anderen Organisationen/Projekten den Politischen Suppentopf in München. Wie in bereits in Berlin, Dresden, Köln und Hannover wird diese Veranstaltung lecker und interessant. Wir freuen uns auf viele Teilnehmer und sind gespannt auf den Tages-Workshop(!) am Samstag, den 22. Februar.

Wer sichert eigentlich die Ernährung in den Städten der Zukunft? Was sind die großen Herausforderungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und Ernährung? Welche Initiativen gibt es schon in den verschiedenen Regionen Deutschlands, die bereits Pfade in die Zukunft der Städte von morgen vortrampeln?

Die stetige Industrialisierung und Globalisierung unserer Landwirtschaft führen uns in eine Sackgasse. Sie verursacht hohe Treibhausgasemissionen, und ihr Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt ist nicht nur ethisch nicht mehr zu verantworten: In einem immer mehr von den Interessen großer Konzerne und wirtschaftlichem Wachstum dominierten Ernährungssystem, werden die natürlichen Lebensgrundlagen wie Land, Wasser, Biodiversität ausgebeutet, während gleichzeitig immer noch jeder achte Mensch an Hunger leidet und die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht.

Schnippeln – Diskutieren – Handeln
Wir wollen das nicht länger hinnehmen! Mit der Workshop-Reihe „Politischer Suppentopf” bereiten wir uns ein Zukunftsmenü und entwickeln gemeinsam Visionen eines zukunftsfähigen Ernährungssystems in urbanen Räumen – mach mit!

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Programm:
Der Workshop fängt um 11 Uhr an und geht bis ca. 18 Uhr. Das Ganze ist kostenlos für Teilnehmende und Besucher_innen. Mehr Infos hier.

Veranstaltungsort:
http://www.friedel-eder-schule.de/anfahrt.html
(S8 Richtung Flughafen, vom Marienplatz ca. 15 Minuten bis Haltestelle Englschalking, dann ca. 8 Minuten zu Fuß)

INKOTA ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher, engagierter Menschen und Gruppen, die gemeinsam für eine gerechte Welt eintreten. Viele dieser Engagierten kommen aus der ökumenischen Bewegung für „Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung”, der internationalen Solidaritätsbewegung oder der globalisierungskritischen Bewegung. Uns eint die Hoffnung, dass eine Entwicklung hin zu einer gerechten Welt möglich ist, und die Überzeugung, dass es sich lohnt, gemeinsam dafür einzutreten.