Landgrabbing – was ist das?

Immer öfter hört man den Begriff „Landgrabbing“, (Landnahme ist wohl weniger gebräuchlich, meint aber das selbe Phänomen) aber was verbirgt sich dahinter und warum ist es ein Problem?

Getreidefeld

Foto: biloba / photocase.com

Unter dem Begriff versteht man im Allgemeinen langfristige Investitionen in Form von Pacht oder Kauf landwirtschaftlicher Flächen durch private oder staatliche Akteure.

Die Flächen werden meist zur Produktion von Nahrungsmitteln oder Energiepflanzen genutzt.
Aber auch die Nutzung von Süßwasserquellen oder der Abbau von Rohstoffen (gerade diese beiden Aspekte fallen oft zusammen und können großen Schaden anrichten) können zum Landgrabbing gezählt werden. Es gibt verschiedene Ursachen für und Beweggründe für die Investoren, sich in fremden Ländern Ackerland zu sichern:

Zum einen wird tatsächlich viel Land gebraucht um Lebens- und Futtermittel sowie Material für Biotreibstoff zu produzieren. Gerade Länder wie China oder Indien, die einen hohen Bevölkerungszuwachs haben, wollen die Versorgung mit Nahrungsmitteln sicherstellen und sich unabhängig von Weltmarktpreisen machen. Für den weltweit steigenden Fleischkonsum werden außerdem immer größere Mengen an Futtermitteln benötigt.

Ein anderer, in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommener Aspekt ist der, dass seit der Finanzkrise Investoren auf der Suche nach sicheren Geldanlagen sind und noch dazu riesige Mengen „spekulatives Geld“ vorhanden sind. Hier geht also der Bezug vom Investor zur landwirtschaftlichen Produktionsfläche völlig verloren, da es primär der Geldanlage dient und nicht dem eigentlichen Zweck von Ackerland – nämlich der Erzeugung von Lebensmitteln.

Über den Umfang der gehandelten Flächen gibt es keine verlässlichen Angaben, lediglich Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO oder von Ökonomen der Weltbank, diese gehen davon aus, dass über 10 – 30 % des globalen Ackerlandes Verhandlungen laufen oder bereits abgeschlossen wurden. Zielländer sind leider häufig Länder, in denen ohnehin eine unsichere Ernährungssituation herrscht. Hier sind vor allem afrikanische aber auch asiatische Länder betroffen, in denen machtlose Bauern korrupten Regierungen wenig entgegensetzen können und keine Chance darauf haben, ihre Rechte wahrzunehmen. Menschenrechtsverletzungen in Form von Vertreibung von seit Generationen genutztem Weide- und Ackerland, Umsiedlungen, Zerstörung von Lebensraum indigener Völker bis hin zu Körperverletzung sind keine Ausnahmen.
Durch die „Fremdnutzung“ von Ackerland verschäft sich außerdem häufig die Hungerproblematik in den Zielländern. So sind diese absurderweise in hohem Maße vom Lebensmittelimport und somit von stark schwankenden Weltmarktpreisen abhängig, obwohl sie eigentlich über fruchtbaren Boden verfügen würden.
Häufig wird von Investoren versprochen, Arbeitsplätze in der Zielregion zu schaffen und eine Infrastruktur aufzubauen, die der Bevölkerung Einkommensmöglichkeiten und einen besseren Lebensstandard ermöglichen soll. Diese Versprechen erweisen sich aber meist als nicht haltbar, da eine Bewirtschaftung großer Monokulturen, wie sie eben dort entstehen, mit viel Maschineneinsatz und wenig menschlicher Arbeitskraft üblich ist. Und die versprochenen Straßen führen häufig nur vom Produktionsort zum nächsten Umschlagplatz und bringen der Bevölkerung keinerlei Nutzen.

Leider wird dieser dramatischen Entwicklung bisher wenig entgegengesetzt um sie einzuschränken und die Schäden, die zweifellos entstehen, zu begrenzen. Es gibt verschiedene Initiativen von Weltbank, FAO oder dem UN Ernährungsausschuss, denen Konzerne und Staaten auf freiwilliger Basis beitreten können. Sie unterzeichnen damit Verhaltensrichtlinien, zu deren Einhaltung sie sich verpflichten. Allerdings gibt es niemanden, der dies ernsthaft kontrollieren, geschweige denn Verstöße dagegen in irgendeiner Form bestrafen kann.

Weitere Infos
taz-Artikel: „Global Soil Week“ – Auf dem Boden der Tatsachen
Website: First global Soil Week